Coordination Structures in Old and Middle High German
Dissertationsprojekt Sophia Oppermann (Universität Jena)
Die Arbeit setzt es sich zum Ziel, eine empirische Datengrundlage für die Syntax syndetischer Koordinationsstrukturen im Alt- und Mittelhochdeutschen zu schaffen. Dazu wird ein Korpus alt- und mittelhochdeutscher Prosatexte (insgesamt über 300.000 Tokens und über 11.000 Koordinationsstrukturen) aus dem Referenzkorpus Altdeutsch (ReA) und dem Referenzkorpus Mittelhochdeutsch (ReM) analysiert; für das späte Mittelhochdeutsche werden auch Urkundentexte berücksichtigt. Die ausgewählten Texte werden nach den Lemmata inti und joh (ReA) bzw. unde (ReM) in der Funktion einer (koordinierenden) Konjunktion durchsucht und die Belege anschließend manuell analysiert; aufgrund dieser Vorgehensweise ist die Studie auf syndetische Koordinationsstrukturen (d.h. mit mindestens einer (nicht negativen) konjunktiven koordinierenden Konjunktion) beschränkt.
Die Daten zeigen, dass Koordinationsstrukturen sowohl mit inti als auch mit der älteren koordinierenden Konjunktion joh bereits im frühen Althochdeutschen die gleichen wesentlichen Merkmale wie im Neuhochdeutschen aufweisen; so verknüpfen inti und joh nicht-verbale Elemente (=Konjunkte), verbale Konjunkte und ganze Sätze auf gleicher syntaktische Ebene, wobei die Konjunkte die gleichen Parallelitätsbedingungen und die gleichen charakteristischen Ellipsenphänomene (Gapping und Right Node Raising) wie im Gegenwartsdeutschen zeigen; zudem können beide Koordinatoren auch als Diskurskonnektoren fungieren. Die ältere Konjunktion joh ist in der ahd. Prosa bereits sehr selten und tritt primär zur Verknüpfung non-verbaler Konjunkte (wie z.B. Nominalphrasen) auf.
Diachroner Wandel zeigt sich dagegen bei verbaler Kongruenz mit koordinierten Subjekten, Subjektellipsen (‚Subjektlückenkoordination‘) und bei Verbstellungsasymmetrien bei koordinierten Deklarativsätzen (‚Inversion nach _und_‘, d.h. Verberststellung in einem mit und eingeleiteten Deklarativsatz im späten Alt- und Mittelhochdeutschen).

Die Korpusanalyse zeigt einen deutlichen quantitativen Einbruch bei der Verberststellung in mit einer koordinierenden Konjunktion eingeleiteten Deklarativsätzen ab dem späten Althochdeutschen (zeitgleich mit dem fast vollständigen Verlust von Verberstellung in nicht koordinierten Deklarativsätzen). Erst im Verlauf des Mittelhochdeutschen nimmt der Anteil an ‚Inversion nach und‘ an durch und eingeleiteten Deklarativsätzen wieder zu, ist allerdings nun nahezu ausschließlich auf den oberdeutschen Sprachraum beschränkt. In spätmittelhochdeutschen Urkundentexten tritt ‚Inversion nach und‘ deutlich häufiger als in der Prosa auf.
Publikationen zum Projekt:
- Oppermann, Sophia J. (2021): “Subject gap coordination: A diachronic view”. In: Journal of Historical Syntax 5. Proceedings of the 20th Diachronic Generative Syntax (DiGS) Conference.
- Oppermann, Sophia J. (2024): Coordination Structures in Old and Middle High German (Linguistische Arbeiten 570). Berlin & Boston: De Gruyter.